Sebastian Krämer — Lieder wider besseres Wissen

Fr. 22. September 2017 || 20.00 Uhr
15 €

Romantische Studien im Selbstversuch. Ein Gegenprogramm zu Einsicht und Vernunft.

Bitte ein­stei­gen und Bügel schlie­ßen! Das deut­sche Chanson nimmt Fahrt auf. Da wird Selbsterfahrung zur Achterbahn und die Realität zum Autoscooter.

Das Schicksal umfror uns mit fah­ler Noblesse … Verse von sel­te­ner Opulenz tau­meln als fran­zö­si­scher Walzer auf einem har­mo­ni­schen Vulkan daher, ein Danse Macabre nebst Kreuzreim: die form­voll­ende­te Einladung zu einer Runde im Hell Express. Serviert mit Coolness und Grandezza, als wäre der Teufel hin­ter die­sem Mann am Klavier her, und wahr­schein­lich ist er das auch. Spitzbübisch, aber tie­fen­las­tig gräbt sich Krämers Klavierspiel in die Seele, wäh­rend sei­ne Stimme non­cha­lant mit dem Verstand spa­zie­ren geht.

Konfrontierten uns – ganz im Geiste der Aufklärung – Krämers „Tüpfelhyänen“ noch mit den Möglichkeiten mensch­li­chen Denkens und Handelns, füh­ren die aktu­el­len Songs unter Einsatz aller­hand chro­ma­ti­scher Finessen gera­de­wegs in die schwa­den­um­wo­be­nen Abgründe einer roman­ti­schen Weltsicht. Es ist die Hingabe ans wis­sent­lich Falsche, das Pathos des Irrens, dem Krämer sich neu­er­dings ver­schrie­ben hat. Zwar mit gekreuz­ten Fingern hin­term Rücken, aber den­noch ret­tungs­los. Ironie ist Teil des Problems, sie zieht die arme Seele nur noch tie­fer hin­ein ins Verderben.

Apropos Liebe: die bleibt uns hier kei­nes­wegs erspart. Ebenso unvoll­stän­dig jedoch wäre das roman­ti­sche Themenfeld ohne einen Hund im Güllebad, den Niedergang der DVD und ihm vor­aus­ei­len­de nost­al­gi­sche Gefühle, ein höl­li­sches Fahrgeschäft mit Spätfolgen, Alpo den Waldgeist und – eine ver­träum­te Armbanduhr. Spätestens seit Krämer den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Chanson (2009) und den Deutschen Kabarettpreis (2012) in der Tasche hat, sieht er von der Beschäftigung mit aktu­el­len Aufregern kon­se­quent ab. Übrigens glaubt er, daß Wahrheit im Lied nur als matt durch­schei­nen­de, nicht als vor­ge­führ­te, zu gewin­nen sei. Vielleicht gibt es sogar Wahrheiten, die er gar nicht kennt: das unter­schei­det ihn von einem Kabarettisten. Sich Zustimmung durch die Artikulation beden­ken­los teil­ba­rer Richtigkeiten zu sichern, ist Krämers Sache nicht. Sein Schaffen bleibt kon­kur­renz­los, weil ver­gleich­ba­re Projekte kei­nem zwei­ten Liedermacher zu emp­feh­len wären: Lieder wider bes­se­res Wissen.